2. September 2020
Seismologie und artifizielle Intelligenz
Neue Forschungsgruppe im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von KI-Nachwuchswissenschaftlerinnen am FIAS gestartet
Unter allen Naturgewalten gelten Erdbeben als eine der verheerendsten Bedrohungen. Durch sie entstehen weltweit enorme menschliche und strukturelle Verluste. Auch wenn sich die Analyse- und Messmethoden in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt haben, ist heute immer noch keine zuverlässige Vorhersage möglich. Zwar sind viele Indizien für eine erhöhte Erdbebenwahrscheinlichkeit bekannt, diese ermöglichen aber keine exakte örtliche und zeitliche Vorherbestimmung von katastrophalen Beben. Die in den nächsten vier Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BmBF) im Rahmen des Programms „Förderung von KI-Nachwuchswissenschaftlerinnen“ mit über 1,6 Millionen Euro geförderte Forschungsgruppe am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) unter der Leitung von Dr. Nishtha Srivastava wird Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) verwenden, deren Einsatz sich in den Geowissenschaften, insbesondere in der Seismologie, noch in einem frühen Forschungsstadium befindet, um unser Verständnis für die Entstehung von Erdbeben zu erweitern und Vorhersagen zu verbessern.
Durch die gegenläufige Bewegung zweier Erdplatten können in der Erdkruste Risse und Verformungen, sogenannte Verwerfungen, gebildet werden. Wenn in solchen Verwerfungen die Spannungen zu stark werden, kommt es zu einem plötzlichen Spannungsabbau – einem Erdbeben. Eine vielversprechende Möglichkeit, ein besseres Verständnis des Spannungsaufbaus und der lokalen Bruchpunkte der Störung zu erhalten, ist die Analyse und Interpretation der umfangreichen seismologischen Datensätze. Am FIAS werden im Rahmen des neuen Forschungsprojektes Deep Learning (DL)- basierte Algorithmen und Modelle entwickelt, um seismische Signale zu erkennen, deren räumliche und zeitliche Koordinaten zu erfassen und die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten von Erdbeben zu ermitteln. Mit dem vorliegenden Vorhaben wird die Entwicklung in dieser neuen Forschungsrichtung weiter vorangetrieben.
Das von Dr. Nishtha Srivastava eingeworbene Projekt wird am FIAS angesiedelt und zusammen mit Prof. Dr. Georg Rümpker und assoziierten Forschungspartnern (Goethe-Universität; Geoforschungszentrum Potsdam; Samson AG Frankfurt; Chinese Academy of Sciences - Institute of Geology and Geophysics, Bejing; Institute of Geoscience, Canberra, Australien), welche seismische Daten sowie fachspezifisches Know-how und - Expertisen einbringen, durchgeführt. Die Projektleiterin Dr. Nishtha Srivastava hat an der Banaras Hindu University, India Mathematik und Geophysik studiert. Während ihrer Promotion im Advanced Computational Seismology Laboratory am Indian Institute of Technology in Kharagpur hat sie sich mit den Nebenwirkungen der Erschütterungen von Nah- als auch von Fernfeldbeben beschäftigt. Seit 2018 forscht Srivastava am FIAS gemeinsam mit den Fellows Prof. Dr. Horst Stöcker, Dr. Jan Steinheimer und Dr. Kai Zhou im Bereich „AI & DL in Science and Technology“.
Weitere Informationen:
Über das Projekt Seismologie und artifizielle Intelligenz
Über das BMBF-Programm KI-Nachwuchswissenschaftlerinnen