30. Mai 2022
Vulkanische Aktivität messen
Am Beispiel des italienischen Vulkans Stromboli entwickelte die FIAS-Gruppe „Seismologie und Künstliche Intelligenz“ ein leistungsfähiges Verfahren, um vulkanische Ereignisse schnell zu erkennen. Dazu erstellte sie umfassende Kataloge dieser Ereignisse, die nicht nur die Bewertung der vulkanischen Gefahr ermöglichen, sondern auch die eingehende Untersuchung möglicher Vorläufer großer Ausbrüche auf der Grundlage historischer Daten.
Um vulkanische Aktivitäten zu verstehen und vorherzusehen, werden weltweit Daten zu ihren Aktivitäten gesammelt. Das ist besonders aufwändig für strombolianische Vulkane, für die regelmäßige leichte Eruptionen charakteristisch sind. Es kann jedoch auch zu gefährlichen großen Explosionen kommen. So brach Stromboli zuletzt 2019 heftig aus, was zu einer kilometerhohen Asche-Gas-Wolke und einem Todesopfer führte.
Für die detaillierte Analyse dieser Vulkane werden aufwändig gesammelte Datensätze mit Informationen über seismo-vulkanische Ereignisse benötigt, insbesondere für die Anwendung im maschinellen Lernen (Deep-Learning). Daher werden Vulkane weltweit überwacht und analysiert, was allerdings noch viel „Handarbeit“ erfordert.
Um seismische Daten automatisch zu analysieren und zu identifizieren, entwickelte Darius Fenner (20) aus dem FIAS-Forschungsteam von Nishtha Srivastava in Zusammenarbeit mit Georg Rümpker und Horst Stöcker das Adaptive-Window Volcanic Event Selection Analysis Module - AWESAM. Dieser Algorithmus – eine exakte Schritt-für-Schritt-Anleitung für Computer - verwendet unbearbeitete seismische Rohdaten, um Zeitabstände und Amplituden genauer zu messen. Ein spezieller Filter ermöglicht es, sowohl seltene heftige als auch regelmäßige kleine Ereignisse zu registrieren. In einem zweiten Schritt werden diese Messungen mit einer weiteren Station abgeglichen, um lokale Störfaktoren auszuschließen.
Als Beispiel nutzte die Forschungsgruppe öffentlich zugängliche kontinuierliche seismische Aufzeichnungen von zwei fast gleich weit entfernten Stationen am Vulkan Stromboli in Italien. Dieses Verfahren lässt sich leicht verallgemeinern und auf Vulkane mit häufiger strombolianischer Aktivität weltweit übertragen, auch solche mit selteneren Ausbrüchen.
Das innovative AWESAM-System entwickelte Darius Fenner, Physikstudent an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), in seinem ersten Bachelor-Jahr zusammen mit dem FIAS-Forschungsteam Seismologie und Künstliche Intelligenz (SAI) unter Leitung von Nishtha Srivastava. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BmBF) fördert Srivastavas SAI-Forschungsteam im Rahmen des Programms "Förderung des weiblichen KI-Nachwuchses" mit mehr als 1,6 Millionen Euro. Die SAI-Gruppe wendet Methoden der Künstlichen Intelligenz auf seismische Signale an, um Erdbebenfrühwarnsysteme (EEWs) und die seismische Signalanalyse zu verbessern. Außerdem wollen sie die mit der Freisetzung seismischer Spannungen verbundenen Muster besser verstehen.
Publikation:
Darius Fenner, Georg Rümpker, Wei Li, Megha Chakraborty, Johannes Faber, Jonas Köhler, Horst Stöcker and Nishtha Srivastava, Automated Seismo-Volcanic Event Detection Applied to Stromboli (Italy), Front. Earth Sci. 10:809037, doi: 10.3389/feart.2022.809037, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2022.809037/full