11. Mai 2022

FIAS unterstützt Forschende aus der Ukraine

Sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine vorläufige Forschungsstelle am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) gefunden. Persönliches Engagement und die Unterstützung der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main sichern zwei Professoren, fünf (Post-)Doktorand:innen und ihren Familienmitgliedern finanzielle Sicherheit, Forschungsmöglichkeiten und eine vorläufige Heimat in Frankfurt.

Roman Poberezhnyuk, promovierter Theoretischer Physiker aus Kiew, traf der Krieg gegen sein Heimatland unvorbereitet im Urlaub in Spanien. Da er schon mehrfach einige Monate als Gastwissenschaftler am FIAS verbracht hatte, lud FIAS-Mitbegründer Horst Stöcker ihn umgehend nach Frankfurt ein. Die FIAS-Verwaltung half bei der Suche nach einer Unterkunft. „Ich bin froh und freue mich über die Hilfe und die produktive Atmosphäre hier“, so Poberezhnyuk. Er erhielt zunächst ein befristetes Stipendium der Stiftung Polytechnische Gesellschaft und wird nun für ein halbes Jahr mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung unterstützt. Poberezhnyuk arbeitet schon seit Jahren mit Forschenden am FIAS zusammen, um die thermodynamischen Eigenschaften dichter elementarer Materie zu verstehen.

Oleh Savchuk war ebenfalls bereits ein Jahr als Gastwissenschaftler am FIAS. Er hat jetzt ein Jahresstipendium am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und ist Doktorand bei Prof. Mark Gorenstein. Gorenstein ist Forschungsleiter am Bogolyubov-Institut für Theoretische Physik an der Nationalen Akademie für Wissenschaften der Ukraine in Kiew. „Wir erlebten die ersten Bombardements in Kiew, hausten praktisch in einem Schutzbunker und entschieden schließlich im März, mit dem Auto nach Deutschland zu fliehen,“ berichtet der Alexander von Humboldt-Preisträger 2001. Dank eines Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung kann Gorenstein nun mit Frau, Tochter und Enkeltochter in Frankfurt leben und am FIAS forschen sowie Phasenübergänge und deren Signaturen in Kooperation mit der GSI experimentell untersuchen.

Auch Maria Khelashvili berichtet von Bombardierungen und häufigem Luftalarm in Kiew. Sie arbeitete am Bogolyubov-Institut an ihrer Promotion über ultraleichte dunkle Materie. „Ich bin sehr froh, dass ich am FIAS die Möglichkeit bekommen habe, meine Forschung fortzusetzen“, so die Physikerin. Sie kann dank eines Stipendiums der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ihren Lebensunterhalt bestreiten. Khelashvili forscht auf dem Gebiet der allgemeinen Relativitätstheorie und setzt am FIAS ihre Arbeiten zur statistischen Analyse von Kandidaten der dunklen Materie fort.

Oleksandr Stashko, ein Doktorand aus Kiew, arbeitet ebenfalls auf dem Gebiet der allgemeinen Relativitätstheorie, Gravitation und Materie. Im Herbst wird er als Postdoc nach Princeton, USA, gehen. Bis dahin ist er als Gastwissenschaftler am FIAS untergekommen, finanziert von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft: "Ich bin unglaublich dankbar für die Rundum-Unterstützung meines Forschungsaufenthalts hier".

Im Spätsommer wird Dmitri Anchyshkin mit Frau, eventuell Tochter und Enkel erwartet, der ebenfalls Professor am Kiewer Bogolyubov-Institut für Theoretische Physik ist. Eine weitere Doktorandin, Zhanna Huranova, die ihren Master in Physik und Astronomie vor zwei Jahren in Kiew abschloss, wird im FIAS als Doktorandin zu Big-Data-Analysen arbeiten.

Alle sieben geflüchteten ukrainischen Forschende unterstützen die FIAS-Forschung in den Bereichen "MAGIC - Matter, Astrophysics, Gravitation, Ions, Cosmology". Zu diesen Themen bestand bereits von Kiew aus eine enge Zusammenarbeit mit den internationalen MAGIC-Arbeitsgruppen am FIAS.

Die ukrainischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Angehörigen konnten vorübergehend in Gästehäusern der Stiftungen der Goethe-Universität und des Forschungskollegs Humanwissenschaften in Bad Homburg untergebracht werden. Das schnelle und große Engagement haben die Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler am FIAS vor allem Horst Stöcker zu verdanken: „Es ging mir um rasche Übergangshilfe für Kolleginnen und Kollegen, die ich persönlich kannte, die teils zögerlich und verängstigt waren“.

Ebenso wie die Allianz der Wissenschaftsorganisationen verurteilt der FIAS-Vorstand den Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. Auch wenn die Wissenschaft weitgehend politikfrei sein sollte und immer wieder Brücken über internationale Konflikte geschlagen hat, darf niemand diesen Kriegshandlungen tatenlos zusehen. Daher bietet das FIAS ukrainischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen Hilfe an, wo auch immer möglich.

s. a. FIAS solidarisch mit der Ukraine

Ukrainische Fahne