4. Dezember 2023

Quantencomputer kommt nach Frankfurt - Leitung FIAS-Fellow Thomas Lippert

Chancen für Finanzwelt, Logistik, Medizin, Klimaforschung und Grundlagenwissenschaften

Der​ erste Quantencomputer der Goethe-Universität wird unter der Leitung von FIAS-Senior-Fellow Thomas Lippert installiert. Quantencomputing ist eine Zukunftstechnologie, die bisher zu große oder gar mit digitalen Verfahren unlösbare Aufgaben im Bereich der Computersimulation und der KI bewältigen will.

Der erste Frankfurter Quantencomputer namens „Baby Diamond“ soll im ersten Quartal 2024 vom Ulmer Start-Up XeedQ GmbH geliefert werden. Der Quantencomputer nutzt einen kleinen künstlichen Diamanten, wie er aus industriellen Anwendungen bekannt ist, in den Stickstoffatome eingebettet sind. Sie induzieren jeweils eine Fehlstelle, die als zentrales Qubit verwendet werden kann. Spins von Atomen können als weitere Qubits um diesen Defekt herum kontrolliert werden. Dies macht praktisches Quantencomputing möglich.

„Mit unserem Einstiegssystem verfolgen wir die Idee des kompakten Quantencomputers, der bereits bei Raumtemperatur einsetzbar ist, keine besondere Tieftemperaturkühlung benötigt, in einem kleinen Labor aufgebaut werden kann und dabei besonders energieeffizient ist“, sagt Prof. Thomas Lippert, FIAS-Senior-Fellow und Leiter der Arbeitsgruppe Modulares Supercomputing und Quantencomputing, an der Goethe-Universität. „Wir stellen wir uns mit dem Quantencomputer bewusst gegen die derzeitige Monopolbildung großer Firmen auf, die ihre Systeme hinter Paywalls verstecken. Da es ein Kompaktsystem ist, können wir bereits heute Studierende hands-on und direkt am Gerät ausbilden. Dies ist das Gebot der Stunde, um fit für die Zukunft zu werden.“

Der Quantencomputer ist Teil der Frankfurter Roadmap, die darauf abzielt, bis zum Jahr 2025 bis zu 16 hochwertige Qubits zu beschaffen und diese Zahl in Zukunft Schritt für Schritt weiter zu erhöhen. Das Pilotsystem wird dazu beitragen, eine Infrastruktur aufzubauen, die das Quantenrechnen eng mit dem Hochleistungsrechnen verbinden wird. 

Entwickelt wird das System von der XeedQ GmbH, einem Unternehmen mit Sitz in Leipzig, und am DLR-Innovationszentrum in Ulm. XeedQ GmbH wird von der Quantencomputer-Initiative des DLR gefördert, um eine skalierbare Quantencomputertechnologie zu entwickeln. 

Der Quantencomputer wird auf dem historischen Gelände des Uni-Campus Bockenheim stehen, wo vor mehr als 100 Jahren das berühmte Experiment von Stern und Gerlach die heutige Grundlage des Quantencomputing schuf und ein wichtiger Teil der ersten Quantenrevolution war.

Ulrich Schielein, Chief Information Officer (CIO) und Vizepräsident für Digitalisierung an der Goethe-Universität, erklärt: „Die Behandlung völlig neuer Problemklassen aus der Finanzwelt, der Logistik im Schienen-, Luft- und Straßenverkehr, der Medizin und Biologie, der Wetter- und Klimaforschung, aber auch aus den Grundlagenwissenschaften wie Physik und Chemie oder dem Training von Basismodellen der künstlichen Intelligenz scheint in wenigen Jahren realisierbar zu sein“.

Das FIAS hat kürzlich auf der Giersch International Conference das Thema aktuell beleuchtet: Kristel Michielsen (Jülich) berichtete von ihrem Quantensimulator, also einem „klassischen“ Rechner mit GPUs, der als Quantencomputer aufgesetzt ist. Alberto di Meglio gab einen Überblick über die Quanten-Initiative am CERN. In einem Vortrag am FIAS hatte Steven Rayan (Saskatchewan, Kanada) kürzlich die theoretischen Grundlagen zum Quantencomputing erläutert und die Bedeutung für die Gesellschaft aufgezeigt.


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NV Spin qubits on a photonic microchip  XeedQ GmbH
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NV Spin qubits auf einem photonischen Mikrochip (c) XeedQ GmbH